Das Pferde-Gehirn

Die faszinierende Schaltzentrale im Kopf. Die Evolution formte über Jahrmillionen die unterschiedlichsten Gehirne. Bei den sogenannten “höheren Säugetieren“, zu denen Hunde, Katzen, Pferde und wir Menschen gehören, bildete sich das Großhirn (auch Endhirn genannt) aus. Es wurde zum Größten aller Hirnabschnitte. Um diese Größe im Schädel noch auszuweiten, legte es sich sogar in Falten.

Über die Sinnesorgane (Augen, Nase, Ohren, etc. …) werden die Eindrücke der Außenwelt an das Gehirn weitergeleitet und interpretiert. Bereiche, welche für das Überleben der Art wichtig waren und sind, haben sich weiter ausgebildet. So haben zum Beispiel die Gehirne von Pferden und Hunden einen sehr ausgeprägten Riechkolben. Wir können uns nicht ausmalen, welche Vielfalt von Gerüchen diese Tiere aufnehmen und welche Eindrücke daraus im Gehirn erzeugt werden. 

Selbst das menschliche Gehirn interpretiert bestimmte Informationen unterschiedlich, ein schönes Beispiel ist “the dress”. Wer sich dafür interessiert, hier einen Link: https://en.wikipedia.org/wiki/The_dress

Aber warum sollten wir uns als Pferdebesitzer, Reiter und Pferdemensch mit dem Gehirn des Pferdes überhaupt beschäftigen?

Ganz klar – um zu verstehen,

… wie Pferde ihre Umwelt wahrnehmen. 

… warum sie reagieren, wie sie reagieren.

… wie sie am besten lernen. 

Das Gehirn nimmt Informationen auf, bewertet und speichert diese. Dies kann nützlich aber auch vielfach fatal sein, wie wir als Pferde- und selbst Gehirnbesitzer regelmäßig erleben. 

Der Mensch hat bis heute das Gehirn (insbesondere sein eigenes) noch nicht ganz verstanden. Dennoch können wir das Gehirn und seine Prozesse heute aus technischen Gründen viel besser verstehen als noch vor 40 Jahren. Vielleicht ein Grund mehr, warum man die ein oder andere Trainingsmethode im eigenen Gehirn überdenken sollte.

Besonderheiten des Pferdegehirns

Das Gehirn des Pferdes hat ein Gewicht (je nach Pferdegröße) von ca. 400 – 700 g. Was im Verhältnis zu seinem Körpergewicht recht klein ist. Aber ist das Pferd deswegen “dumm”? Wäre ein Pferd dumm, wäre es wohl schon längst von diesem Planeten verschwunden. 

Die Akzone, das sind die Informationsleitungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn, können beim Pferd bis zu drei Meter lang werden und leiten mit einer Geschwindigkeit von bis zu 120 Meter pro Sekunde. 

Pferde haben einen sehr ausgeprägten Riechkolben, damit ist nicht die Nase gemeint, sondern ein Teil des Vorderhirns. Pferde können sogar besser riechen als Hunde! Eine Studie aus dem Jahr 2014 untersuchte die Gene für Riechrezeptoren bei verschiedenen Säugetieren. Dabei konnten beim Pferd über 1000 Geruchsempfängermoleküle ausfindig gemacht werden. Beim Hund waren es knapp über 800 und bei uns Menschen gerade einmal 400 Geruchsempfängermoleküle. *(1)

Die Verarbeitung von Reizen ist im Pferde-Gehirn anders ausgeprägt als bei Raubtieren *(2), zu denen auch wir gehören. Um sein Überleben zu sichern, musste das Pferd viel schneller und häufiger flüchten. Eine optische Wahrnehmung wird über den Sehnerv in den visuellen Cortex (Teil des Großhirns) und von dort direkt in den Motorcortex (ebenfalls Teil des Großhirns) geleitet. Heißt, die Gefahr wird nicht erst aufwändig im Gehirn analysiert (was ist das wohl?), sondern es erfolgt sofort der Fluchtreflex. 

( Ein Video über Reiz – Reaktions Verhalten, welches für dein Training wichtig sein könnte, findest du hier)

Die Verbindung zu den Organen – der Vagus-Nerv

Ein leider beim Pferd noch recht unerforschter Bereich ist das parasympathische Nervensystem, zu dem der Ventrale und Dorsale Vagusnerv gehören. Jeder wird schon einmal beobachtet haben, dass ein gestresstes Pferd häufiger und fast durchfallartigen Kot absetzt. Das Gehirn ist über den Vagusnerv mit den Organen verbunden und beeinflusst diese unmittelbar.

Krankheiten des Pferde-Gehirns / Nervensystems

können ausgelöst werden durch Traumata (Stürze, Verletzungen), angeborene Anomalien , Toxische/ Metabolische Erkrankungen (Vergiftungen), Inflammatorische/ Infektiöse Erkrankungen um nur die häufigsten zu nennen. *(3)

  • Wobbler Syndrom
  • Herpesinfektion
  • Head Shaking
  • Shivering (Zitterkrankheit)
  • Tetanus

Mein Buchtipp zu diesem Thema:

Horse Brain – Human Brain von Janet L. Jones

Quellangaben

*(1) Studie Richen bei Säugetieren: https://www.u-tokyo.ac.jp/focus/en/articles/a_00292.html )

*(2) The Emotional Brain: The Mysterious Underpinnings of Emotional Life

*(3) https://edoc.ub.uni-muenchen.de/28570/1/Bitschi_Maya-Lena.pdf